Die Behandlung von Hashimoto’s Thyreoiditis – konventionelle oder ganzheitliche Medizin?

Hashimotos Thyreoiditis, oft nur „Hashimoto“ genannt, ist eine chronische Entzündung der Schilddrüse. Einer der wichtigsten Aspekte bei dieser lebenslangen Krankheit ist die Art der Therapie, für die Sie sich als Patient entscheiden.

Es gibt mehrere miteinander in Konkurrenz stehende Behandlungsansätze bei Hashimoto. Der Standardansatz in der konventionellen Medizin ist, schlicht und ergreifend die Symptome von Hashimoto mit Medikamenten zu behandeln. Vereinfacht ausgedrückt, wird der Krankheit ihren Lauf gelassen und die entstehenden Schäden möglichst mit Medikamenten übertüncht.

Dem gegenüber stehen verschiedene Ansätze ganzheitlicher und präventiver Medizin, welche Schäden durch Hashimotos möglichst früh abwenden, oder zumindest reduzieren wollen. Der Gedanke ist, es erst gar nicht zu ausgeprägten Symptomen kommen zu lassen. Nachteil der meisten ganzheitlichen Ansätze ist, dass sie komplexer sind, mehr Mitarbeit durch den Patienten erfordern und weniger wissenschaftliche Studien zur Verfügung stehen.

Es ist wichtig, beide Behandlungsansätze zu verstehen, damit Sie eine fundierte Entscheidung treffen können, welche Art von Arzt Sie konsultieren wollen.

Wenn Sie die Schulmedizin bevorzugen, sind Sie am besten damit beraten einen Facharzt, z.B. einen Endokrinologen oder einen Hausarzt aufzusuchen.

Wenn Sie ganzheitliche Medizin bevorzugen, sollten Sie einen Arzt, der sich auf ganzheitliche oder holistische Medizin spezialisiert, aufsuchen. Es ist möglich, dass bei den erfolgreichsten Ärzten die Krankenkasse die Behandlung nicht übernimmt, da ganzheitliche Mediziner viel Zeit pro Patient aufwenden müssen, was nicht gut ins gesetzliche Krankenkassensystem passt, dass enorm auf Effizienz und kurze Arztbesuche getrimmt ist.

Zwar gibt es manche Schulmediziner, welche auch ein paar ganzheitliche Ansätze im Leistungsangebot haben. Da holistische Medizin ein Fachgebiet ist, was wie jedes andere intensiv gelernt und trainiert werden muss, ist es jedoch unwahrscheinlich, eine gute holistische Behandlung bei einem Standardmediziner zu bekommen.

Wie sehen also diese beiden Behandlungsmethoden aus?

Konventionelle Behandlung von Hashimoto

Diese Behandlungsmethode ist schnell erklärt:

Der Arzt misst ihren TSH-Wert, also wieviel Thyreoidea-stimulierendes Hormon in Ihrem Blut vorhanden ist. Diese Messung erfolgt regelmäßig alle 3 bis 4 Monate. Wenn der TSH-Wert über einen bestimmten Wert steigt, stellt der Arzt die Diagnose der Hypothyreose, der Schilddrüsenunterfunktion.

Zur Behandlung dieser Unterfunktion verschreibt der Arzt im Normalfall Schilddrüsenhormone, sogenanntes Levothyroxin, auch T4 genannt.

Das Ziel dieser Behandlung ist es, in erster Linie den TSH-Wert im Normalbereich zu halten.

Ob sie sich gut fühlen, oder nicht, damit beschäftigen sich die meisten konventionellen Mediziner leider, wenn überhaupt, nur sekundär.  

Tatsächlich berichten viele Hashimotopatienten, dass sie sich während einer konventionellen Behandlung oft immer noch mehr oder weniger kränklich fühlen.

Trotzdem, für manche Patienten reicht die konventionelle Therapie und sie finden es angenehm, einfach nur eine Pille schlucken zu müssen.

Andere Patienten wiederum bevorzugen einen aktiveren Ansatz mit mehr Eigenbeteiligung und wenden sich deshalb der ganzheitlichen Medizin zu.

Alternative, integrative und funktionelle Behandlung von Hashimoto

Im Gegensatz zur Schulmedizin können die holistischen Behandlungsansätze von Arzt zu Arzt verschieden sein, je nachdem worauf sich ein bestimmter Arzt spezialisiert.

Wenn ich von ganzheitlicher Behandlung rede, dann schließe ich da ausdrücklich „normal“ ausgebildete Mediziner mit ein, die jedoch umfassender arbeiten, als nur die typischen Standardmedikamente zu verschreiben.

Einzelne oder alle der folgenden Elemente können Teil einer ganzheitlichen Behandlung sein:

1)    Ernährung

Ernährung ist möglicherweise eine der besten Arten die körpereigenen Immunfunktion zu stärken und Hashimoto zu behandeln. Untersuchungen und Studien haben gezeigt, dass nicht eine bestimmte Ernährungsweise bei Hashimoto hilft. Vielmehr ergeben sich aus den Erfahrungsberichten vieler Patienten Hinweise darauf, dass bestimmte Ernährungsweisen besser geeignet sind als andere.

Der Zusammenhang zwischen Gluten-Empfindlichkeit (Zöliakie) und Autoimmunerkrankungen ist bekannt[1] und deshalb empfehlen viele Ärzte eine gluten-freie Ernährung. Diese Ernährungsweise wird oft in Kombination mit einer milchprodukt-freien Ernährung, die den Darm zusätzlich schont, angewandt.

Andere Diäten, die die Immunfunktion beeinflussen sind die Autoimmun-Paleo-Diät[2], die Keto-Diät[3] und die Whole 30 Diät[4].

Alle Diäten, die industriell verarbeitete Lebensmittel, Gluten, Zucker und potentiell entzündungsauslösende Fette vermeiden, können zur Verbesserung der Symptome beitragen.

Die Schwierigkeit ist, dass die optimale Ernährung von Mensch zu Mensch etwas abweicht. Die Kunst besteht also darin, durch wiederholte Versuche die Ernährungsweise zu finden, die am besten für Sie persönlich geeignet ist.

Da dies schwierig ist, ist es oft am besten sich von einem Ernährungsberater unterstützen zu lassen.

2)    Nahrungsergänzungsmittel

Bestimmte Nahrungsergänzungsmittel können eingesetzt werden, um die Funktion der Schilddrüse zu optimieren.

Ein Beispiel dafür ist die Einnahme von Vitamin D bei Patienten mit Autoimmunkrankheiten. Es ist erwiesen, dass Menschen mit niedrigen Vitamin D Werten ein erhöhtes Risiko haben an Autoimmunkrankheiten, einschließlich Hashimoto, zu erkranken[5].

Es könnte deshalb nützlich sein, zusätzlich Vitamin D einzunehmen.

Andere Nahrungsergänzungsmittel wie Zink, Selen und Jod sind an der Produktion und Aktivierung von Schilddrüsenhormonen beteiligt[6].

Welche Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sind, ist sehr individuell und sollte mit einem Fachmann besprochen werden. Insbesondere, da therapeutische Dosen oft höher sind, als die Standarddosis, die in der Regel auf Nahrungsergänzungsmitteln angegeben sind.

Genau wie Ihre Ernährung sollten auch Ihre Nahrungsergänzungsmittel individuell auf Sie abgestimmt sein, denn falsche Nahrungsergänzungsmittel können auch Probleme verursachen. Das ist mit einer einseitigen Ernährung vergleichbar.

Ein Beispiel hierfür ist die Einnahme von großen Mengen an Jod: in einigen Fällen scheint Jod Hashimoto erst ausgelöst zu haben. Die Einnahme von Jod könnte Hashimoto somit verschlimmern.

3)    Stressreduzierung

Bestimmte Therapien, z.B. Meditation und Achtsamkeit können bei der Stressreduzierung hilfreich sein und die Auswirkungen von Stress auf den Körper reduzieren[7].

Es nicht immer möglich Stress komplett zu vermeiden, aber bestimmte Techniken können dazu beitragen, die Lebensqualität insgesamt zu verbessern.

Wenn Sie die Auswirkungen von Stress auf Ihren Körper reduzieren können, sind Sie vielleicht auch in der Lage so Ihr Immunsystem zu stärken.

4)      Behandlung chronischer Erkrankungen

Einige Ärzte konzentrieren sich darauf, chronische Infektionen wie HSV (Herpes Simplex Virus) und EBV (Epstein-Barr Virus) mit Hilfe von antiviralen (oft natürlichen) Medikamenten und Nahrungsergänzungsmittel zu bekämpfen[8]. Es gibt wenig klinische Studien, die diesen Ansatz als wirkungsvoll belegen, aber in manchen Patienten könnte er wirksam sein.

5)      Bewertung der Darmfunktion

Einige Ärzte versuchen auch, das Immunsystem durch eine Verbesserung der Darmfunktion zu stärken. Da der Darm bei der Immunabwehr des Körpers eine wichtige Rolle spielt, kann das ein guter Ansatzpunkt für eine Behandlung sein.

Die Behandlung von Erkrankungen wie Reizdarm, chronisch entzündliche Darmerkrankung, Sodbrennen durch sauren Reflux, oder Darmdysbiose kann die Immunfunktionen beeinflussen und die Hashimoto Symptome verbessern[9].

6.      Schilddrüsen Medikamente

Auch ganzheitliche Mediziner verschreiben Schilddrüsenhormone, allerdings tendieren sie dazu, andere zu verschreiben, als ihre Kollegen in der Schulmedizin. Diese neigen dazu das Standardhormon Levothyroxin zu verschreiben, wohingegen alternative Mediziner eine Kombination verschiedener Hormone verwenden. Oder sie greifen auf eine andere Art von Medikament zurück, nämlich Schilddrüsenextrakte, welche aus Schweineschilddrüsen gewonnen werden. Während dieser Ansatz in den USA mittlerweile weit verbreitet ist, gibt es in Deutschland nur wenige Apotheken, welche solche Schilddrüsenextrakte selbst herstellen, oder importieren.

Schilddrüsenextrakte haben den Vorteil, dass sie sämtliche von der Schilddrüse produzierten Hormone liefern, während die Standardmedikamente nur das inaktive Speicherhormon T4 liefern. Sie müssen wissen, dass die Funktion mehrerer Schilddrüsenhormone, wie T1 und T2, bisher noch kaum erforscht ist. Sie werden in der konventionellen Medizin ignoriert mit der Begründung, sie seien nicht relevant, obwohl man das nicht genau weiß. Schilddrüsenextrakte decken alle Hormone in jedem Fall ab, egal wie relevant sie sind.  beinhaltet zwei Schilddrüsenhormone, Trijodthyronin (T3) und Tetrajodthyronin (T4), wohingegen Synthroid und Levothyroxin nur T4 beinhalten. Einige Studien zeigen, dass bei bestimmten Patienten die T3 plus T4 Behandlung zu besseren Ergebnissen führt als die T4 Behandlung allein.

Der Nachteil von Schilddrüsenextrakten ist, dass sie in einigen Patienten Autoimmunreaktionen auslösen können, da sie aus Schweinen gewonnen werden und die Einnahme von Schilddrüsengewebe von Schweinen möglicherweise die Aktivierung des Immunsystems zur Folge haben kann.

Zusammenfassung

Vor allem für Patienten, die erst kürzlich als Hashimoto diagnostiziert wurden, können all diese Information überwältigend sein. Aber da die Krankheit die Schilddrüsenfunktion langfristig beeinflusst, ist es wichtig, dass Sie ein grundlegendes Verständnis der Krankheit haben, was ihre Ursachen sind und wie sie behandelt werden kann.

Die Entscheidung darüber, wie man die Krankheit behandeln möchte, ist einer der wichtigsten Aspekte im Umgang mit der Krankheit. Es ist wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, welche Art der Behandlung Sie bevorzugen und welche sich mit Ihren Lebensgewohnheiten und Zielen am besten vereinbaren lässt und dann einen Arzt zu finden, der Sie darin unterstützt, diese Ziele zu erreichen.

Konventionelle Medizin ist bequem. Man schluckt einfach eine Pille und setzt sich nicht weiter mit der Krankheit auseinander.

Ganzheitliche Ansätze dagegen bieten den Vorteil, dass sie präventiv wirken und besser geeignet sind, einen idealen Gesundheitszustand zu erreichen. Ein Problem ist, dass es schwierig ist gute Ärzte zu finden, welche nach solchen Ansätzen arbeiten. Da es weniger akzeptierte Leitfäden und wissenschaftliche Grundlagen in der alternativen Medizin gibt ist es zudem schwieriger, echte Experten und Scharlatane voneinander zu unterscheiden.


Quellen

[1] Ch’ng CL, Jones MK, Kingham JG. Celiac disease and autoimmune thyroid disease. Clin Med Res. 2007;5(3):184-92.

[2] Childs W. AIP Diet Guide: 5 Things to Consider Before Using this Diet. Dr. Westin Childs’ blog. https://www.restartmed.com/aip-diet/. 29.03.2018. Abgerufen am 28.12.2018.

[3] The Ketogenic Diet: A Keto Guide for Beginners. Ruled.me. https://www.ruled.me/guide-keto-diet/. Abgerufen am 28.12.2018.

[4] Hartwig M. The Official Whole30 Program Rules. Whole30. https://whole30.com/whole30-program-rules/. Abgerufen am 28.12.2018.

[5] Ginanjar E, Sumariyono, Setiati S, Setiyohadi B. Vitamin D and autoimmune disease. Acta Med Indones. 2007;39(3):133-41.

[6] van Zuuren EJ, Albusta AY, Fedorowicz Z, Carter B, Pijl H. Selenium Supplementation for Hashimoto’s Thyroiditis: Summary of a Cochrane Systematic Review. Eur Thyroid J. 2013;3(1):25-31.

[7] Black DS, Slavich GM. Mindfulness meditation and the immune system: a systematic review of randomized controlled trials. Ann N Y Acad Sci. 2016;1373(1):13-24.

[8] Cohen JI. Optimal treatment for chronic active Epstein-Barr virus disease. Pediatr Transplant. 2009;13(4):393-6.

[9] Campbell AW. Autoimmunity and the gut. Autoimmune Dis. 2014;2014:152428.